Zians-Haas Rechtsanwälte

Ehekrach - darf ich einfach aus ziehen ?

28.03.2008

Verständnis für einen sofortigen Auszug kann man sicherlich haben, wenn die Situation unerträglich geworden ist. Diese Vorgehensweise ist jedoch in der Regel abzuraten, außer in Gefahrensituationen (wo bei man dann jedoch gegebenenfalls später beweisen muss, dass eine Gefahr bestand).

Verständnis für einen sofortigen Auszug kann man sicherlich haben, wenn die Situation unerträglich geworden ist. Diese Vorgehensweise ist jedoch in der Regel abzuraten, außer in Gefahrensituationen (wo bei man dann jedoch gegebenenfalls später beweisen muss, dass eine Gefahr bestand).

Das belgische Scheidungsrecht ist grundlegend geändert worden durch das Gesetz vom 27.04.2007. Das so genannte Schuldprinzip ist abgeschafft worden, was die eigentliche  Scheidung anbelangt. Dieses Schuldprinzip ist dem Zerrüttungsprinzip gewichen.

Dies bedeutet, dass, wenn es darum geht, die Scheidung vor Gericht zu erhalten,  man dem anderen Ehepartner keine Schuld, d.h. einen schweren Fehler nachweisen  muss. Es kann genügen, dass man auf Grund des Verhaltens des anderen oder auf Grund des eigenen Verhaltens, dem Gericht glaubhaft darlegt, dass die Ehe zerrüttet ist.

Wenn das Gericht auf Grund der vorgetragenen Fakten und Beweiselemente davon ausgeht, dass die Ehe zerrüttet ist, wird die Ehe geschieden. Das Eingeständnis kann als Beweis genügen (dies war unter der alten Gesetzgebung wesentlich problematischer).

Der Auszug aus der ehelichen Wohnung wird  nicht mehr als Schuld oder Fehler betrachtet, insbesondere wenn man die Umstände des Auszuges erklären kann und sich auch diesbezüglich Beweise sichert (z.B. Zeugenaussagen).   

Der Auszug aus der ehelichen Wohnung kann jedoch weit reichende Konsequenzen haben, wenn es darum geht zu wissen, wer letztendlich während der Trennung in der ehelichen Wohnung wohnen bleiben darf (Beispiel: die eheliche Situation ist sehr angespannt und der Ehemann entschließt sich, zwei bis drei Wochen zu seinen Eltern wohnen zu gehen, um Ruhe zu finden; die Situation normalisiert sich nicht und die Ehefrau reicht die Scheidung ein. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das Gericht der Ehefrau erlauben wird, in der Wohnung zu bleiben und der Ehemann muss sich dann eine andere Wohnung suchen).

Wenn man also Fakten schafft, wird ein Gericht diese Fakten auch höchstwahrscheinlich bei der Urteilsfindung in Betracht ziehen.

Unser Tipp: wenn die eheliche Situation sehr schwierig ist  und die Trennung in Erwägung gezogen wird, sollten die Ehepartner entweder alleine oder mit Hilfe einer Drittperson (Rechtsanwalt oder Mediator) eine Vereinbarung aufsetzen, in der klar beschrieben wird, dass der Auszug des einen  Ehepartners vorübergehend ist (vielleicht sogar die Dauer angeben) und aus welchen Gründen die beiden diese Lösung gefunden haben und nicht eine andere (z.B. Nähe zur Arbeit, im Interesse der Kinder, usw.).

Eine solche Vereinbarung kann nicht notwendigerweise per Gerichtsvollzieher vollstreckt werden, in der Praxis ist es aber auch fast nie nötig, diese zu vollstrecken, da sie ja auf Basis eines Konsens der beiden Partner erstellt wurde.

Außerdem kann man in wenigen Tagen dann doch das Gericht befassen, falls ein Partner sich nicht an diese Vereinbarung hält.

Der später befasste Richter kann dann  nachvollziehen, unter welchen Umständen die Parteien sich getrennt haben und was damals beschlossen wurde.

Wenn man sich nicht einigen kann, darüber wer ausziehen soll und wer in der ehelichen Wohnung bleiben soll, kann man natürlich auch sofort ein Trennungsverfahren vor dem zuständigen Friedensrichter oder auch direkt ein Scheidungsverfahren einreichen. In beiden Fällen wird sehr rasch (womöglich innerhalb weniger Tage) entschieden, wer ausziehen muss.

Der Gerichtsweg sollte nur eingeschlagen werden, wenn eine Einigung außergerichtlich wirklich nicht möglich ist oder wenn die Situation derart gravierend ist, dass ein Konsens von vornherein ausgeschlossen ist (z.B. Gewalt, Alkoholmissbrauch, Gefahr, dass ein Ehepartner mit den Kindern das Land verlässt usw.).

Auch für die Klärung der Beherbergung der Kinder kann es wichtig sein, welcher Elternteil in der ehelichen Wohnung bleibt  und wer auszieht.

Kriterium bezüglich der Festlegung der Beherbergung der Kinder ist einzig das Interesse der Kinder. Man will meistens vermeiden, dass die Kinder aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen werden.

Zieht also ein Elternteil aus der ehelichen Wohnung aus,  ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass der Richter entscheiden wird, dass die Kinder mit dem anderen Elterteil in der ehelichen Wohnung bleiben sollen.

Dies hängt dann auch vom Alter der Kinder ab. Ab 12 Jahren müssen die Kinder angehört werden, wenn sie den entsprechenden Antrag stellen. Unter 12 Jahren kann das Gericht die Kinder anhören, wenn das Gericht davon ausgeht, dass die Kinder angesichts des Alters die nötige Reife haben könnten, um angehört zu werden.

Das Gesetz über die alternierende Beherbergung hat dazu geführt, dass der jenige, der auszieht, sich nicht notwendigerweise mit einem begrenzten Nebenbeherbergungsrecht zufrieden geben muss.

Dies hängt natürlich auch von verschiedenen Faktoren ab, auf die wir in einem getrennten Artikel eingehen.

 In diesem Zusammenhang spielt die Distanz zwischen dem neuen Wohnsitz desjenigen, der ausgezogen ist und dem ehelichen Wohnsitz eine große Rolle.

Der Ehepartner, der zum Beispiel 100 Kilometer von der ehelichen Wohnung weg zieht, hat nicht unbedingt die besten Chancen, um die Hauptbeherbergung oder auch nur die alternierende Beherbergung der Kinder zu erhalten.

Die Entscheidung aus der ehelichen Wohnung auszuziehen  und auch die Wahl des neuen Wohnortes haben also weit reichende Konsequenzen bezüglich der Beherbergung der Kinder.

Wenn die Entscheidung ein Mal getroffen ist und in die Tat umgesetzt wurde, ist ein Rückzieher fast undenkbar, außer mit dem Einverständnis des anderen Ehepartners oder auf Grund neuer Umstände.

Demjenigen, der ein Mal aus der Wohnung ausgezogen ist, wird durch das Gericht meistens nicht mehr erlaubt werden, in die eheliche Wohnung zurückzukehren.

Schließlich sind mit dem Auszug keineswegs die Probleme geregelt, die sich meistens bei einer Trennung stellen (Ist eine Alimente für den Ehepartner geschuldet ? Wer bekommt welche Möbel ? Wer übernimmt welche Schulden ? …).

Wichtig ist also, dass es entweder eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Ehepartnern über die Trennung, d.h. den Auszug eines der Beiden gibt, oder aber eine richterliche Erlaubnis vorliegt.


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