Zians-Haas Rechtsanwälte

Verfassungsgerichtshof eilt der Steuerverwaltung zu Hilfe, da wo keine Hilfe nötig ist

07.12.2009

Oberstes Gericht Belgiens bestätigte am 26. November 2009 restriktive Rechtsprechung des Kassationshofes vom 12. Dezember 2003.

Mit Entscheid vom 26.11.2009 bestätigte der Verfassungsgerichtshof eine Rechtsprechung des Kassationshofes, die besagt, dass die Steuerverwaltung Ausgaben verwerfen kann, die nicht im Zusammenhang mit der Zielsetzung einer Gesellschaft getätigt wurden.

Bereits dieser Kassationsentscheid wurde heftig in der Rechtsliteratur kritisiert. Nunmehr bestätigt der Verfassungsgerichtshof diese Rechtssprechung.

Im Entscheid des Verfassungsgerichtshofes wird darauf hingewiesen, dass aus der Tatsache, dass die Gesamtheit des Vermögens einer steuerpflichtigen Gesellschaft, die mit Erwerbszweck gegründet wurde, geschlossen werden kann, dass alle von dieser Gesellschaft erzielten Gewinne als Steuerbasis herangezogen werden können. Daraus könne man aber nicht folgern, dass auch alle Kosten einer Gesellschaft, die mit Hinblick auf eine Gewinnerzielungsabsicht gegründet worden seien, effektiv als Unkosten bei der Steuer geltend gemacht werden können.

Konkret ging es darum, dass eine Handelsgesellschaft, die den Handel sowie die Herstellung von Schmuckartikel und den Immobilienverkauf zum Gegenstand hat, in Olne eine Immobilie gekauft hat und diesen Erwerb steuerlich geltend machen wollten.

Das Haus wurde 2000 erworben und der Geschäftsführer bezog es mit seiner Familie Ende 2004.

Die Verwaltung warf auf, dass der Erwerb der Immobilie nicht durch die Zielsetzung der Gesellschaft gedeckt sei. Diese Tatsache erlaube ihr, die Ausgaben im Zusammenhang mit dem Kauf zu verwerfen.

Der Verfassungsgerichtshof hat zur Analyse des Sachverhalts erwartungsgemäß keinerlei Stellung bezogen. Er entscheidet aber, dass die Ausgaben, die eine Gesellschaft tätigt, nicht automatisch als Kosten angesehen werden können, auch wenn die diesbezüglichen Einnahmen versteuert werden müssen. Dies war in den Augen der Handelsgesellschaft, die den Steuerrekurs einlegt hat, eine Ungerechtigkeit.

Bei näherer Betrachtung des Entscheids des Verfassungsgerichtshofes stellt sich die Frage, ob die Rechtsprechung nicht eine große Gefahr für jede Firma darstellt. Der Entscheid besagt nämlich, dass es keine Verletzung des Gleichheitsprinzips gibt, wenn die Artikel des Steuergesetzes, die die Abzugsfähigkeit der Kosten festlegen, derart interpretiert werden, dass die beruflichen Kosten, die sich nicht notwendiger Weise auf die Aktivitäten oder die Zielsetzung der Gesellschaft beziehen, nicht steuerlich geltend gemacht werden können.

Uns scheint, dass der Verfassungsgerichtshof durch die Hinzufügung des Begriffs „notwendiger Weise“ („nécessairement“) eine gefährliche Ausweitung der bereits vorhandenen Rechtsprechung macht. Die Verwaltung wird sich somit auf diesen Entscheid berufen können, um vom Steuerpflichtigen den Beweis zu verlangen, dass die Ausgaben notwendig waren zur Erreichung der Geschäftsziele. Die Erbringung dieses Beweises steht aber u.E. im krassen Gegensatz zum allgemeinen Prinzip, dass die Verwaltung die Opportunität der Entscheidungen der Geschäftsführung nicht in Frage stellen kann. Es muss nach wie vor allein der Gesellschaft überlassen werden, welche strategischen und täglichen Entscheidungen getroffen werden.

Diese Problematik ist alles andere als theoretischer Natur.

Z.B. eine Gesellschaft, die als Zielsetzung Gartenbau betreibt, führt für einen Kunden eine Gestaltung eines Berings um ein Gebäude aus. Bei den Arbeiten wird ein defektes Kanalrohr entdeckt und dem Kunden wird angeboten, die anfallenden Reparaturarbeiten auszuführen. Solche Arbeiten sind nicht in der Zielsetzung der Gesellschaftssatzungen vorgesehen.

Dies führt dazu, dass die Einnahmen aus dieser Dienstleistung zwar zu versteuern sind, die Kosten für Material (und ggf. sogar für Personal!) dürften aber nicht in Abzug gebracht werden, weil sie nicht zur Erreichung der Gesellschaftsziele notwendig sind.

Bislang versuchte die Verwaltung, Ausgaben aus Gründen der Billigkeit als nicht konform zu verwerfen, da sie der Meinung war, dass z.B. das Fahrzeug, welches dem Geschäftsführer zur Verfügung gestellt wird, zu teuer (unterverstanden zu protzig) sei. Bislang hatten solche Einwände nur in krassen Fällen Erfolgschancen.

Mit der neuen Rechtsprechung sieht dies anders aus, da der Beweis, dass diese Ausgaben notwendig zur Erreichung der Gesellschaftsziele sind, wohl nur sehr schwer zu erbringen ist.

Eine solche Rechtsprechung wird nicht ohne Kritik bleiben. Die zu erwartenden Reaktionen werden sicherlich vehement ausfallen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Steuerverwaltung mit der neuen „Waffe“ umgehen wird…

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