Vaterschaftsanfechtung: Der „Besitz des Standes“ ist kein Unzulässigkeitsgrund mehr
10.02.2011Durch einen Entscheid vom 03. Februar 2011 entschied der Verfassungs-gerichtshof, dass Artikel 318§1 des Zivilgesetzbuches gegen die Verfassung und die europäische Menschenrechts- konvention verstößt, indem er den „Besitz des Standes“ als Unzulässigkeitsgrund einer Vaterschaftsanfechtung auferlegt. Artikel 318§1 sieht vor, dass der Ehemann die Vaterschaft eines Kindes anfechten kann, außer wenn dieses Kind den „Besitz des Standes“ ihm gegenüber aufweisen kann. Gleiches gilt für denjenigen, der das Kind außerhalb einer Ehe anerkannt hat (Artikel 330 des Zivilgesetzbuches).
Ist der Besitz des Standes erwiesen, ist eine Vaterschaftsanfechtung also unzulässig
Artikel 331nonies gibt die Kriterien des « Besitzes des Stande » vor. Dieser muss andauernd sein, und durch faktische Elemente untermauert sein. Folgende Elemente sind unter anderem in Betracht zu ziehen : Die Tatsache, dass das Kind immer den Namen seines vermeintlichen Vaters trug, dass dieser es wie sein eigenes Kind behandelte, sich an seiner Erziehung und Pflege beteiligt hat, dass das Kind ihn wie einen Vater behandelt, dass es in der Familie, der Gesellschaft und von der öffentlichen Behörde als sein Kind anerkannt wird.
Trifft man also all diese Kriterien an, ist die Vaterschaftsanfechtung nicht möglich. Diese Bestimmung ist unter anderem zum Schutze der Familie in das Zivilgesetzbuch eingeführt worden.
Insbesondere betrifft diese Bestimmung die Situation des Ehemannes, der nach einigen Jahre Ehe von seiner Frau erfährt, dass er nicht der biologische Vater des Kindes ist, um das er sich seit dessen Geburt gekümmert hat. Dieser Mann hatte, gemäß Artikel 318§1 des Zivilgesetzbuches, im Prinzip nicht mehr die Möglichkeit, die Vaterschaft anzufechten.
Der Verfassungs- gerichtshof hat allerdings entschieden, dass diese Einschränkung der Vaterschaftsanfechtung, in einer unverhältnismäßigen Art und Weise im Vergleich zum verfolgten Ziel, gegen das Recht auf Respekt des Privat- und Familienlebens des Ehemannes verstößt.
Laut Verfassungs- gerichtshof muss der Ehemann die Möglichkeit haben, die Vaterschaft anzufechten und die biologische Wahrheit vorherrschen zu lassen, selbst im Falle eines „Besitz des Standes“.
Von nun an ist die Vaterschaftsanfechtung also möglich, selbst wenn der Besitz des Standes dem Ehemann gegenüber erweisen ist.