Zians-Haas Rechtsanwälte

Das neue Beweisrecht in Bezug auf Verträge mit oder zwischen Unternehmen

03.02.2020

Welche Regeln sind künftig bei der Beweisführung gegenüber Unternehmen zu beachten?

 

Das Gesetz vom 13. April 2019 tritt am 1. November 2020 in Kraft.

Die Gesetzesänderung schafft ein neues Zivilgesetzbuch mit einer neuen Struktur. Inhaltlich wurde bisher jedoch nur der Inhalt des 8. Buches über das neue Beweisrecht durch das Parlament verabschiedet. An den anderen Reformentwürfen wird derzeit noch gearbeitet.

Es wurden zahlreiche Neuerungen im Beweisrecht vorgesehen.

Die freie Beweisführung (jegliche Art von Beweis ist zulässig) wurde indirekt als vorherrschendes Prinzip festgelegt, zum Nachteil der bisher geregelten Beweisführung (nur ein Schriftstück ist als Beweis zulässig).

Dadurch, dass die festgesetzte Höchstgrenze für die freie Beweisführung von 375 € auf 3.500 € erhöht wurde, rückt das System der geregelten Beweisführung in den Hintergrund.

Mit anderen Worten, der Beweis einer Rechtshandlung muss künftig erst dann durch ein Schriftstück erfolgen, wenn der Gegenstand des Vertrags 3.500 € überschreitet. 

Bezüglich der Beweisführung für Verträge mit oder zwischen Unternehmen, herrschte das Prinzip der freien Beweisführung bereits seit Jahren.* Es wurden jedoch noch weiter ausgedehnt und vervollständigt. Artikel 8.11 ersetzt demnächst Artikel 1348bis des alten Zivilgesetzbuches. 

 

Im Prinzip kann der Beweis einer Rechthandlung gegenüber einem Unternehmen in jeglicher Form erbracht werden (Ausnahmen in Einzelfällen). Verträge zwischen Unternehmen und Verträge zwischen Unternehmen und Nicht-Unternehmen, können somit prinzipiell in jeglicher Form bewiesen werden.

Achtung, dies gilt jedoch bei Verträgen zwischen Unternehmen und Nicht-Unternehmen nur für das Nicht-Unternehmen (z.B. Verbraucher). Das Unternehmen muss ggf. ein Schriftstück darlegen.  

Außerdem sind die offensichtlich privaten Rechtshandlungen von Unternehmern, die ihrer Tätigkeit als natürliche Person nachgehen, ausgeschlossen. 

 

Bezüglich der Möglichkeit eines Unternehmens die eigene Buchhaltung als Beweis vorzubringen gegenüber einem anderen Unternehmen, wurden leichte Abänderungen vorgenommen. 

Künftig hat nur die Buchhaltung Beweiskraft, dessen zwei Teile übereinstimmen. Andernfalls wägt der Richter ab, wieviel Bedeutung der jeweiligen Buchhaltung beizumessen ist. 

Achtung, die Buchhaltung kann nur als Beweismittel gegenüber anderen Unternehmen dienen, nicht aber gegenüber Privatpersonen. Hier ändert sich nichts. 

Außerdem kann die Buchhaltung in Zukunft geteilt vorgebracht werden, es sei denn sie wurde nicht regelmäßig geführt.

 

Des Weiteren wurde die Beweisführung mittels Rechnung abgeändert und vervollständigt.

Gemäß Artikel 1348bis des alten Zivilgesetzbuches, hat eine “akzeptierte Rechnung” zwischen den Unternehmen Beweiskraft. Wird eine Rechnung nicht rechtzeitig beanstandet, so wird von einer stillschweigenden Annahme der Rechnung ausgegangen. 

Artikel 8.11, § 4, Absatz 1 des Zivilgesetzbuches zeigt sich nun klarer in der Formulierung:

“Insofern nichts anderes bewiesen wird, belegt eine von einem Unternehmen akzeptierte oder nicht innerhalb einer angemessenen Frist beanstandete Rechnung die Rechtshandlung gegenüber diesem Unternehmen. (…)“ (freie Übersetzung).

Zudem sieht Absatz 2 noch eine Neuerung vor bezüglich der Beweisführung gegenüber Nicht-Unternehmen. Eine Rechnung kann fortan als Beweis gegenüber einem Nicht-Unternehmen gelten im Falle einer besonderen stillschweigenden Annahme der Rechnung. Der Richter erwägt inwiefern er eine Vermutung aufstellen möchte.

  

 

* Ein chronologischer Überblick:

Bereits Artikel 25, Absatz 2 des Handelsgesetzbuches, der durch Artikel 1348bis des alten Zivilgesetzbuches ersetzt wurde, sah diese Regelung für Kaufverträge zwischen Kaufmännern vor (Kass. RG C.01.0600.N, 6. November 2003; Kass. RG C.03.0129.N, 7. Januar 2005).

Wenn es sich um andere Verträge ging, dann war Artikel 25, Absatz 2 nicht anwendbar. Der Richter konnte jedoch über Artikel 1353 des alten Zivilgesetzbuches (Möglichkeit des Richters eine Vermutung aufzustellen) die Rechnung als stillschweigend angenommen ansehen und den Beweis somit als erbracht erachten (Cass. RG C.07.0355.N, 24. Januar 2008). 

Durch das Gesetz vom 15. April 2018 (in Kraft seit dem 1. November 2018) wurde Artikel 25 des Handelsgesetzbuches jedoch durch Artikel 1348bis des Zivilgesetzbuches ersetzt.

Die Regelung wurde auf alle Arten an Verträgen zwischen Unternehmen ausgedehnt. 

Nun wird Artikel 1348bis des alten Zivilgesetzbuches durch Artikel 8.11 des Zivilgesetzbuches ersetzt und vervollständigt. 

 

Quelle: J.T., 12. Oktober 2019, n°6786, S. 637 – 657. 

 

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