Zians-Haas Rechtsanwälte

Das neue Sexualstrafrecht: Nur JA heißt JA!

17.06.2022

In der neuen Gesetzgebung geht es vor allem um den Begriff der Zustimmung und Einwilligung. Das Einverständnis kann niemals aus dem fehlenden Widerstand des Opfers abgeleitet werden. Ganz nach dem Motto: Nicht NEIN heißt NEIN, sondern nur JA heißt JA!

Aber was versteht man unter einer Vergewaltigung oder einem sexuellen Übergriff?

 

Zustimmung

Zunächst muss der Begriff der Zustimmung / Einwilligung erläutert werden.

Nach wie vor liegt kein Einverständnis vor, wenn die Tat durch Gewalt, Zwang, Drohung, Überrumpelung oder List aufgenötigt oder aufgrund eines Gebrechens oder einer körperlichen oder geistigen Beeinträchtigung des Opfers möglich gemacht wurde.

Die Zustimmung muss aus freien Stücken erfolgen. Dies wird anhand der Umstände des Falles beurteilt. Die Zustimmung kann nicht aus der bloßen Widerstandslosigkeit des Opfers abgeleitet werden und die Einwilligung kann jederzeit vor oder während der sexuellen Handlung zurückgezogen werden.

Auch das Phänomen „Spijking“ oder „Needle Spiking“, das heimliche Verabreichen von Alkohol und Drogen (z.B. K.O.-Tropfen), wurde anlässlich der letzten Gesetzesreform aufgegriffen. Der neue Gesetzestext sieht explizit vor, dass keine Zustimmung vorliegt, wenn die Person schläft oder bewusstlos ist.

In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob Minderjährige ihre Zustimmung zum Geschlechtsverkehr erteilen können (Artikel hierzu folgt).

 

Vergewaltigung

Vergewaltigung ist jede Handlung, die aus einer sexuellen Penetration jeglicher Art und mit jeglichen Mitteln besteht oder diese beinhaltet und die an einer Person oder mit Hilfe einer Person, die nicht zustimmt, begangen wird.

Mit der letzten Reform wurde die Definition der Vergewaltigung erweitert.

Die Grundbedingung der Penetration bleibt erhalten.

Dabei spielt es keine Rolle, durch welches Mittel die Penetration erfolgt (Sex-Toys, usw.) oder wo diese Penetration erfolgt (vaginal, anal, oral oder an anderen Körperstellen).

Dabei muss jedoch ein sexueller Hintergedanke bestehen, andernfalls handelt es sich eher um einen Fall von Körperverletzung.

Auch sei bemerkt, dass ein direkter Körperkontakt zwischen Täter und Opfer nicht zwingend erforderlich ist und diese Penetration nicht unbedingt durch den Täter erfolgen muss. Die Penetration kann auch „mit Hilfe“ einer Person, die nicht zustimmt, erfolgen.
Beispiel: eine erzwungene Selbstbefriedigung über Videocall

Zudem müssen die Handlungen ohne Zustimmung des Opfers erfolgen.

 

Sexueller Übergriff / Verletzung der sexuellen Unversehrtheit

Die Verletzung der sexuellen Integrität ersetzt den bisherigen Straftatbestand des sexuellen Übergriffs oder Verletzung des Schamgefühls.

Vorher lag der Schwerpunkt auf der Verletzung des gesellschaftlich akzeptierten Gefühls von Scham, was ein sehr vager Begriff ist.

Die Verletzung der sexuellen Integrität ist ein modernerer Begriff.

Dieser neue Straftatbestand wird breit und klar definiert. Es ist nicht mehr erforderlich, dass eine Gewalttat oder Bedrohung stattfindet und das Alter der Person ist ebenfalls irrelevant geworden.  Es kann sich um jede Art von Handlung handeln, die eine vernünftige Person als sexuell unangemessen betrachtet.

 

 

 

Mehr Informationen zur letzten Reform:

"Sexualstrafrecht - Große Veränderung in Sicht"
https://www.zians-haas.be/de/news/2022/Sexualstrafrecht.php